Zur
Komplexität des Nationalbewußtseins im Zeitalter des Nationalismus
Silke Beinssen-Hesse
Monash University
Der Nationalismus leidet seit Ende des 2.
Weltkrieges unter einem schlechten Ruf.
In seiner Studie Nations and Nationalism since 1780 zeigt Hobsbawm, [1]
daß es mehrere historische Stadien des Nationalismus gegeben hat, die sich
deutlich von einander unterscheiden und die nicht pauschal beurteilt werden
können. So identifiziert er z.B. einen vorpolitischen Protonationalismus, einen
Nationalismus der rivalisierenden nationalen Großstaaten mit ihren mehr oder
weniger autonomen nationalen Minderheiten, und nach 1918 Woodrow Wilsons
Nationalismus, der das Recht auf ethnische Selbstbestimmung verkündete und
schließlich in den rassistischen und chauvinistischen Nationalismus Hitlers
mündete. Hobsbawm macht auch darauf aufmerksam, daß man meistens sehr wenig
über die Ansichten und Gefühle des einzelnen Bürgers weiß und daß es hier
schwer ist, ergiebiges Forschungsmaterial zu finden, welches über den Grad und
die Art des jeweiligen Nationalbewußtseins und Nationalismus Aufschluß geben
könnte.
Er spricht von Nationen als “dual
phenomena, constructed essentially from above, but which cannot be understood
unless also analysed from below, that is in terms of the assumptions, hopes,
needs, longings and interests of ordinary people, which are not necessarily
national and still less nationalist.” Über die Schwierigkeiten hier Einsicht zu
gewinnen sagt er:
First, official
ideologies of states and movements are not guides to what is in the minds of
even the most loyal citizens or supporters. Second, and more specifically, we
cannot assume that for most people national identification – when it exists –
excludes or is always or ever superior to, the remainder of the set of
identifications which constitute the social being. In fact, it is always
combined with identifications of another kind, even when it is felt to be
superior to them. Thirdly, national identification and what it is believed to
imply, can change and shift in time, even in the course of quite short periods.
In my judgement this is the area of national studies in which thinking and
research are most urgently needed today.[2]
Da sich das
Nationalgefühl auf ganz verschiedene Formen der Gemeinsamkeit stützen kann - unter anderem Sprache, Sippe oder Rasse,
Religion, Geschichte, Territorium, Kultur und Literatur, wie auch politische
Konventionen oder Ansprüche – kann es von verschiedenen Nationen und Individuen
ganz verschieden erlebt werden, wie dies auch stets der Fall gewesen ist.[3]
Ich bin seit einiger Zeit damit beschäftigt,
weit über tausend Briefe meines Vaters, Ekkehard Beinssen (1899-1980), die
zwischen den Jahren 1909 und 1980 geschrieben wurden, auf ihren Beitrag zum
Thema des erlebten Nationalbewußtseins hin zu untersuchen. Da er im Ausland (Australien)
von deutschen Eltern geboren wurde, doppelte, in gewisser Weise sogar dreifache
Nationalität besaß (Britisch-Australisch und Deutsch), zwei Sprachen sprach, in
zwei Schulsystemen erzogen wurde, jedoch im Ersten Weltkrieg an der Seite seiner
Komilitonen aus der deutschen Oberschule gegen seine Kameraden aus der australischen
Unterschule kämpfen mußte, da er später sowohl in seinen beiden Ursprungsländern
wie in vielen anderen Ländern der Welt gelebt hat, bis nach dem zweiten
Weltkrieg immer unter dem inneren und äußeren Zwang unwiderruflich und
ausschließlich als ehemaliger deutscher Soldat, zumal von deutschem Blut, deutsch
sein zu müssen, also zu den Verachteten und Ausgeschlossenen der Welt zu
gehören, lassen sich an seinen Erfahrungen, als an einem extremen Beispiel, die
Komplexitäten und Möglichkeiten des erlebten und gelebten Nationalismus im
zwanzigsten Jahrhundert deutlich machen. Mein Aufsatz soll also der Versuch
sein, einen Teil der Geschichte des Nationalismus im zwanzigsten Jahrhundert
sozusagen von unten, vom Standpunkt eines einzelnen, zu skizzieren. Das
vollständige Material, das die Briefe Ekkehard Beinssens liefern, kann
natürlich nur in der längeren Biographie vorgeführt werden, an der ich
augenblicklich schreibe.
Ekkehards Vater, Hermann Beinssen,
gebürtiger Bremer und ein überzeugter Hanseat, war gelernter Wollkaufmann und
wurde 1894 von seiner Antwerpener Firma nach Sydney geschickt, wo er eine
Filiale gründete, die ihn schnell zu erheblichem Wohlstand brachte. Auf einer
seiner jährlichen Geschäftsreisen nach Europa heiratete er eine Deutsche, die
ihre frühe Jugend als Tochter eines Kaufmanns in den USA verbracht hatte. Ihre
drei Kinder wurden zwischen 1897 und 1901 in Sydney geboren. Dort wohnte die
Familie bis 1911 in einem großen alten Haus mit weitem, an den Hafen grenzenden
Garten und konnte sich Gärtner, Mädchen und Gouvernante leisten. Sie verkehrte
mit wohlhabenden und angesehenen Australiern und den Geschäftsleuten der
deutschen Kolonie. In der Familie wurde von Anfang an englisch gesprochen; nur
die Großmutter sprach mit den Kindern (sächsisches) deutsch. Nach altem englischen
Brauch wurde Ekkehard mit zehn Jahren zusammen mit seinem besten Freund, dem
Sohn eines Richters, in ein renommiertes Internat geschickt.
Die kaufmännische Laufbahn Hermann
Beinssens, dessen Eltern, vom Lande zugewandert, zum Kleinbürgertum gehört
hatten und dessen Vater früh gestorben war, war nur denkbar in einer Zeit des
industriellen Fortschritts, in der das britische Weltreich dominierte und seine
pax britannica und seine free trade policy den offenen
internationalen Handel garantierten. Diese Epoche dauerte bis etwa 1913. Es war
eine Epoche der Kolonialherrschaft, der ökonomischen Ausnutzung und Modernisierung
nicht-westlicher Länder, in der zahllose Europäer fern von ihrer Heimat ein
priviligiertes Dasein als Verwalter und Kaufleute führten, eine Epoche der
Privatinitiative, der erstaunlichen Möglichkeiten sozialen Aufstiegs, der
Brüderschaft unter Weißen, einer auf Reichtum beruhenden gesellschaftlichen
Hierarchie und einer überwiegend aesthetischen Kultur. Es war auch eine Epoche der
Reise- und Entdeckungslust, in der sich
junge Menschen auf früher ungeahnte Weise bewähren konnten. Dies war, wie es schien, das britische
Wesen und die britische Lebensauffassung, eine kosmopolitische Einstellung, zu
der sich Menschen, wie die Beinssens, gerne bekannten. (Natürlich war sie
nebenbei auch imperialistisch-national). Das frühe
Erlebnis einer “offenen Welt” blieb für Ekkehard der Maßstab. Was diese Dinge betraf, war er britisch.
Britisch war auch
die Betonung des Mannschaftssports, besonders des beliebten Cricket, in der
Schule. Hierbei sollte man teamwork
und sportsmanship, Zusammenarbeit
einer Gruppe im Kampf mit einer gleichartigen, gleich starken Gegengruppe
lernen, Wettbewerb und hitzige Gegnerschaft, Disziplin und Ausdauer, physisches
und psychologisches Geschick, Mut, Achtung für Regeln, fairness, Haltung im
Verlieren und Großzügigkeit gegenüber dem Verlierer, dessen Leistung
respektiert werden mußte und mit dem man gerne den nächsten, vielleicht anders
auslaufenden Wettkampf arrangierte. Es galt zu lernen ein good sport zu sein und das war wichtiger als jeder formelle Schulunterricht.
Warum das? Der Mannschaftssport folgte demselben Schema wie der Wahlkampf und
die Parlamentsdebatte in der britischen Demokratie; es gab zwei Parteien die
zwar nach Kräften gegeneinander kämpften, jedoch aus Mitbürgern bestanden,
denen es um das Wohl desselben Landes ging und die dieselben Werte teilten.
Außerhalb des Parlaments gab man sich die Hand und war wieder gut Freund. In Ekkehards Briefen aus dem Internat, Tudor House, spielte Cricket stets eine
große Rolle. Und es ist nicht zu leugnen, daß unzählige
britische, australische und auch deutsche junge Männer in den Ersten Weltkrieg wie
in ein Mannschaftsspiel zogen, und daß die Deutschen, unter ihnen Ekkehard, als
sie verloren, auf die anerzogene britische fairness
vertrauten. Ein anderer Aspekt der Demokratie, das Stimmrecht und das Recht der
freien Meinungsäußerung, gefährlicher für eine Schulleitung, wurde nicht geübt,
obwohl ein freundlicher Ton in der Schule herrschte. Später in der Oberschule
hätte Ekkehard vermutlich auch den Sport des parlamentarischen Debattierens,
bei dem einem der Standpunkt, den die eigene Partei vertritt, vorgeschrieben
wird, betreiben können, aber auch hier hätten Mannschaft und Disziplin, nicht
die Überzeugung des Einzelnen, im Vordergrund gestanden.
Aber wie Australien überhaupt, das neun
Jahre bevor Ekkehard nach Tudor House
kam seine Kolonien zu einem nationalen Bundesstaat zusammengeschlossen hatte,
obwohl es den engen Anschluß an England dabei nicht aufgab und weiterhin den
englischen König als Oberhaupt anerkannte, war auch die Schule bemüht, seine
Schüler sowohl zu guten Briten wie zu guten Australiern zu erziehen. Australien
hatte immer schon gegenüber Britannien ein Minderwertigkeitsgefühl gehabt. Es
hatte als Sträflingskolonie begonnen und obwohl 99% der Australier von Briten
abstammten, hatten in England geborene Personen in Australien, wie in allen
englischen Kolonien, stets mehr gegolten als gebürtige Australier. Bis lange
nach dem Zweiten Weltkrieg mußte der Gouverneur ein Engländer sein. Aber
nachdem Australien am 1. Januar 1901 ein nationaler Bundesstaat geworden war,
begannen auch nationale Gefühle sich zu regen. Man war stolz auf die Leistung der
australischen Freiwilligen im Burenkrieg und begründete ihren Erfolg mit ihrer
Erfahrung als Pioniere und Buschmänner in einem harten Land. Junge Engländer, argumentierte man, hätten
keine Gelegenheit zu solch einem Training.[4] Die Schüler in Tudor House sollten nicht nur zu britischen Cricketern sondern auch
zu australischen Buschmännern erzogen werden. Sie
durften Tiere halten, weite Radfahrten über Land machen und an Wochenenden fand
stets ein Picnic statt, bei dem man Wanderungen und waghalsige Klettereien
unternahm, in Felslöchern schwamm und die Natur kennenlernte. Als Student in
Bayern machte Ekkehard dann gefährliche Bergwanderungen alleine und später war
er in Neuguinea neun Monate lang im Busch, zum Teil in noch unerforschten
Gebieten. In dieser Beziehung blieb er der Definition des Australiers getreu.
Hermann Beinssen und seine Frau begründeten
ihre Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1911 mit dem Wunsch, daß ihre Kinder,
besonders der einzige Sohn, sich auch in der Sprache und Kultur ihrer Vorfahren
heimisch fühlen sollten. Es ist möglich, daß ihnen nebenbei die Weltlage und ein
beginnender australischer Chauvinismus Sorge machten. Aber im Vordergrund stand
doch der kosmopolitische Wunsch, Kinder aufzuziehen, die sich in zwei Sprachen
und zwei Kulturen völlig zu Hause fühlten. Für den künftigen Wollkaufmann, als
den Hermann seinen Sohn erziehen wollte, mußte das außerdem von großem
praktischen Nutzen sein. Deutschland war jedoch für die Beinssen-Kinder eine
Enttäuschung, wenn sie sie auch tapfer akzeptierten: die engeren Verhältnisse,
die städtische Kultur, das autoritäre Schulsystem und die langen Abwesenheiten
der Eltern. Die australische Heimat wurde nun zu einer paradiesischen
Erinnerung; die Sprache der Geschwister untereinander blieb weiterhin ihr
geliebtes Englisch.
Drei Jahre nach der Rückkehr der
Beinssen-Familie begann dann der Krieg, in dem auch England und Australien auf
Feindesseite standen. Im dritten Kriegsjahr wurde Ekkehard mit achtzehn
kriegspflichtig; es gelang ihm zum letztmöglichen Zeitpunkt als Freiwilliger in
ein Elite-Regiment einzutreten, wo er als Offizier ausgebildet wurde. Seine
Truppe wurde mehrmals bei besonders schweren Kämpfen als Stoßtrupp eingesetzt;
sein erstes Kriegserlebnis war gegenüber Australiern bei den furchtbaren Kämpfen
um Passchendaele. Dort entnahm er einem gefallenen australischen Major einen
Brief, aus dem hervorging, daß dieser in derselben Gegend von Sydney gewohnt
hatte, wie einst er; es wurde in ihm ein Mann erwähnt, der später zu den
engsten Freunden Hermann Beinssens gehörte. Ekkehard hoffte, wie es sich
herausstellte vergebens, daß er den Brief der Familie würde zurückbringen
können, als Geste der Versöhnung. Er hatte auch einmal Gelegenheit mit
gefangenen Australiern zu sprechen, als sein Zug und ihrer am selben Bahnhof
hielten. Aus Ekkehards Briefen spricht die Sorge um seine australischen Freunde,
aber auch das Gefühl, daß seine Zugehörigkeit zu Australien wie ein Schutz
wirken könnte. Ganz am Anfang kommentiert er in einem Brief einen Fliegerkampf
einmal wie ein Mannschaftsspiel. Dergleichen geschieht nach der ersten Schlacht
nicht wieder. Und doch hat man das Gefühl, daß Ekkehard zwar auf “seiner” Seite
kämpft, aber die Zugehörigkeit zur deutschen oder australischen Mannschaft als
gleichwertig und im Grunde beliebig erlebt. Als Staatsangehöriger hat man eine
Pflicht, der man nachkommen muß, aber keine Mission. Das furchtbare Gemetzel,
in das man verwickelt war, war Schicksal, nicht gewollte Handlung. Vermutlich
hatten die wenigsten der jungen Männer auf beiden Seiten den Wunsch, ihre
Altersgenossen umzubringen.
Die Niederlage konnte Ekkehard hinnehmen,
zumal sie den ersehnten Waffenstillstand brachte. Auf beiden Seiten war mutig und
anständig gekämpft worden und die Gegner hätten sich nun in gegenseitiger
Anerkennung die Hand geben müssen. Die Niederlage war für die Deutschen unerwartet
gekommen, wie zufällig, da die Oberste Heeresleitung weder Regierung, Bürger noch
Soldaten über den Stand der Dinge informiert hatte. Jetzt war zu Hause
Revolution und Hungersnot. Aber die erwartete versöhnliche Geste des Siegers blieb
aus. Im Gegenteil,
Deutschland wurde im Versailler Vertrag die alleinige Schuld für den Krieg
zugeschoben, es wurde zur Strafe aus den Friedensverhandlungen ausgeschlossen
und mit dem Verlust von deutschen Grenzgebieten und Kolonien und hohen aber
nicht festgelegten Reparationen bestraft, die es auf Jahrzehnte hin lahm legen
sollten. Die Nation wurde wie ein gefährlicher
Verbrecher behandelt, obwohl die Entscheidung für den Krieg nicht bei der
deutschen Bevölkerung und schon mal gar nicht bei den Soldaten gelegen hatte. Nun,
wo es darauf ankam, war von der englischen fairness
nichts zu spüren; es ging den Siegern, wie es schien, um Rache und vor allem um
den eigenen Vorteil. Die Regeln hatten sich offensichtlich geändert. Als
Deutscher war man fortan aus der internationalen Gemeinschaft weitgehend ausgeschlossen
und in das Gefängnis des eigenen Landes verbannt. Es blieb einem also nichts
anderes übrig, als sich mit seinem Deutschtum anzufreunden. Auf Jahre hinaus
hegte Ekkehard einen tiefen Widerwillen gegen das Ethos der britischen
Demokratie, der durch die Unbeholfenheit der Weimarer Regierung nur verstärkt
wurde. Für ihn förderte die Demokratie die Vermassung und das gedankenlose
Mitläufertum.
Was auch im Versailler Vertrag zum Zuge kam
war das neue nationalistische Ethos Woodrow Wilsons. Aus seiner Sicht hatte
jede ethnische Gemeinschaft, besonders wenn sie sich durch eine eigene Sprache
absetzte, prinzipiell das Recht auf einen eigenen Staat, auch wenn sich dies
nicht immer bewerkstelligen ließ. In den Gebieten um Deutschland und Österreich
entstanden schwache Staaten, wie die Tschechoslovakei und Polen, die sich von
Frankreich, dem deutschen Gegner, Schutz erhofften. Dagegen wurden das
deutschsprachige Österreich, Schlesien, das Sudetenland und das Saargebiet – es
handelte sich hier zum Teil um wirtschaftlich wichtige Gebiete - nicht bei Deutschland belassen oder mit ihm
vereinigt und die verstreuten europäischen Minoritäten, darunter die deutschen,
blieben bestehen. Wieder wurde mit zwei Maßen gemessen. Der gefährliche
Anspruch auf ethnische Selbstbestimmung als Menschenrecht leitete eine neue
intensive Phase des Nationalismus ein, die zum Rassismus und letztlich zum
Zweiten Weltkrieg führen sollte.[5]
Die europäischen Staaten und Amerika wurden protektionistisch und strebten oft
fast die Autarchie an; free trade war
unmodern geworden.[6] In
dieser Welt konnte man nicht mehr bikulturell und kosmopolitisch sein. Ekkehard
mußte sich zu seinem Deutschtum bekennen und da er nicht als Deutscher
aufgewachsen war, mußte er nun versuchen zu verstehen, was es bedeutete,
deutsch zu sein. Es konnte nur das Gegenteil vom Britisch-Westlichen sein.
Mit dieser Aufgabe beschäftigte er sich in
seiner Studienzeit. Obwohl er auf Wunsch seines Vaters offiziell
Volkswirtschaft studierte, konzentrierte er sich hauptsächlich auf Philosophie
und Literatur. Die deutschen Länder hatten sich immer durch ihre gemeinsame
Kultur verbunden gefühlt; hier also mußte der Schüssel zum Deutschtum liegen. Die
pessimistische Weltanschauung Schopenhauers bot zunächst eine Erklärung für die
Grauen des Krieges; Menschen waren
hilflose Opfer ihrer Leidenschaften, die sie dazu verführten, einander auf die
sinnloseste Weise zu verletzen und schädigen, wenn es ihnen nicht gelang sich
über ihre destruktiven Triebe zu erheben. Aber Schopenhauers Weltabgewandtheit
half einem nicht aus der Nachkriegs-Depression heraus. Nietzsche, dagegen,
forderte den Menschen auf, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, sich Ziele
zu setzen, neue Werte zu schmieden, und seine Begabungen bis aufs Äußerste
auszubilden und zu nutzen, mit anderen Worten, sich im Geiste Darwins zu einem “Übermenschen”
zu entwickeln. Auch Goethes Faust,
anerkannt als das repräsentativste deutsche Kunstwerk, stellte den Anspruch,
sich allen Möglichkeiten des Lebens zu stellen. Das selbe Ethos der
Selbstvervollkommnung predigte auch der deutsche Bildungsroman. Oswald
Spengler, den Ekkehard als Student kennenlernte, hatte das Faustsche Element sogar
zum Prinzip der westlichen Kultur erhoben. Der Beitrag Deutschlands zur Welt
war nicht team work, das sich-Fügen
des Einzelnen in die Gruppe, sondern ganz im Gegenteil, Selbsterfüllung des
Einzelnen, auf daß die Menschheit eine höhere Stufe der Entwicklung erreiche.[7]
Für Ekkehard wurde dieser Gedanke etwas wie eine Mission, zu der er sich als
Deutscher berufen fühlte und für die er, besonders im Ausland, ein Beispiel
liefern mußte. Menschen mit dem Ziel der Selbstvervollkommnung würden sich auch
nicht mehr als Kanonenfutter verbrauchen lassen, noch eine von ihren Eltern
vorbestimmte Laufbahn ergreifen. Es würde sich eine Elite von “großen” Menschen
herausbilden, denen es gelingen müßte, die Welt auf faire und friedliche Weise
zu regieren. Ekkehard begann ein Studium der großen Männer der Weltgeschichte
als eine Erforschung der Wege, die zum erfolgreichen Übermenschen führten. Er
träumte auch von einem Weltparlament bestehend aus großen Künstlern, Helden und
Weisen aller Länder und überlegte, ob man eine junge Elite in Kommunen zu einer
verantwortungsvollen und weitsichtigen Führerschaft, die ihrer Aufgabe wirklich
gewachsen wäre, heranbilden könnte. Es war eine Epoche der großen ideologischen
Entwürfe und er war in dieser Hinsicht ein Sohn seiner Zeit, auch wenn seine
Gedanken zunächst in keine der gängigen politischen Richtungen hineinpaßten.
Sie erlebten später ihre Pervertierung in dem Führerkult um Hitler.
Aber bei aller nationalen Eigenart blieb
für Ekkehard das kosmopolitische Ziel doch erhalten. Er lehnte zwar den
Internationalismus des Marxismus ab, weil er seiner Ansicht nach Menschen und
Nationen in eine graue Masse zu verwandeln trachtete. Aber die Abschaffung von Privilegien lag auch ihm
am Herzen, ob es nun die des Monarchismus mit seinem Recht der Geburt, des
Kapitalismus mit seiner Ausbeutung der Arbeiter, des Nationalismus mit seinem hierarchischen
Denken oder letzten Endes auch des Kolonialismus mit seiner Ausnutzung der
Schwarzen war, obwohl er beim letzten am längsten zögerte. Gegen den Protest seines Vaters arbeitete Ekkehard als Student in
seinen Ferien einmal in einem Essener Kohlenbergwerk, um das Leben der Arbeiter
dort kennenzulernen. Er
schmiedete auch Pläne, sich in Südamerika eine Farm aufzubauen, um dort seinen
Unterhalt mit eigenem Schweiß zu verdienen, aber sie scheiterten daran, daß
sein Vater seine Unterstützung zurückzog. Die kapitalitische Betonung des
Geldverdienens auf Kosten der Selbstverwirklichung hielt Ekkehard für verfehlt
und deshalb war ihm der Beruf seines Vaters zuwider. Andererseits
verstand er, daß sein Vater mit Einsatz und Erfolg deutschen Fleiß, deutsche
Weltoffenheit und deutsche Ehrlichkeit im Ausland zur Darstellung brachte. Und
kein anderer Beruf bot Reisemöglichkeiten, wie der des Kaufmanns, für den
Ekkehard ja auch ausgebildet war. Ein Plan, den er kurz nach dem Studium
formulierte, entwarf ein Handelsunternehmen begabter junger Deutscher, die
möglichst zugleich als Matrosen, Künstler, Handwerker und Intellektuelle fungieren
sollten und die als Botschafter deutschen Geistes und deutscher Gesinnung mit
ihrem Segler in den Häfen der Welt anlegen sollten, um dort zugleich Waren zu verkaufen,
künstlerische Darstellungen zu bieten, Ideen auszutauschen und Kontakte zu
schmieden. Ehrliche Arbeit, kosmopolitische Gesinnung und die Rehabilitierung
Deutschlands standen auf der Agenda. Ähnliche Pläne, ein Segelboot zu
Handelszwecken zu mieten, erwog er auch später noch.
Während seiner Studienzeit wurde Ekkehard
ein überzeugter deutscher “Nationalist”, falls dieser Begriff hier zutrifft. In
seinem Tagebuch befindet sich etwas wie ein Treueschwur. Dennoch fühlte er sich
in Deutschland nie besonders wohl; es war eben nicht seine Heimat und seine
deutsche Ideologie war eine des Individuums und nicht der Gruppe oder Menge.
Ihm ging es darum, die deutsche Idee ins Ausland zu tragen und sie dort mit den
Lebensanschauungen anderer Völker zu messen. Außerdem hatte Deutschland mit
seinen ökonomischen Schwierigkeiten jungen Menschen wenig zu bieten. Als sein
Vater Ende 1924 Druck auf Ekkehard ausübte, in sein Geschäft in Sydney
einzutreten, beschloß er kurzerhand eine recht zweifelhafte Stellung als
Monteur und militärischer Ausbilder in Hedjas anzunehmen. Das kleine Land, das
die heiligen Städte Mekka und Medina enthielt und die jährliche Hadj
verwaltete, stand im Krieg mit Ibn Saud aus Saudi Arabien. Dort hatten sich die
Überbleibsel der von England erst geförderten und dann verratenen arabischen
nationalen Bewegung gesammelt, da Hedjas nunmehr das einzige der Länder im
Nahen Osten war, das nicht unter britischer oder französischer Protektion
stand. Ekkehard begegnete hier ähnlichen Ressentiments, wie es sie im
besiegten Deutschland gegen die
Machtpolitik der Allierten gab. Er hoffte zunächst sich später in einem
unabhängigen Hedjas als Geschäftsmann am Aufbau des Verkehrssystems beteiligen
zu können, aber seine Seite verlor den Krieg. Als er dann sein Glück in Bagdad suchen
wollte, mußte er erfahren, daß die britische Behörde seine Reise blockierte. Für
Deutsche waren die Möglichkeiten, sich im Ausland zu betätigen, nach dem Krieg,
wie es schien, durch die Interessen der Sieger beschränkt. Sein inzwischen
versöhnter Vater half Ekkehard dann, ein Importgeschäft im neutraleren Persien aufzubauen, was aber nach zwei Jahren durch
die Finanzschwäche der deutschen Lieferfirma scheiterte. Die ökonomische
Schwäche Deutschlands gehörte ja wohl auch zum Plan der Sieger.
Nach dem Zusammenbruch des persischen
Unternehmens erklärte sich Ekkehard bereit, im väterlichen Geschäft zu
arbeiten. Die Rückkehr in das einst so geliebte Sydney war enttäuschend.
Bekannte hatten schon erzählt, daß die Nachbarn und ehemaligen Freunde
geschworen hätten, nie wieder mit einem Deutschen zu sprechen. Auch der beste
Freund von früher hielt sich an diese Abmachung. Als Ekkehard zu der Vorstellung
eines Kriegsfilms ging, war das Benehmen der jungen Männer so triumphalistisch
und chauvinistisch, daß er sich angewidert abwendete. Die Australier mußten
offensichtlich demonstrieren, daß sie infolge ihres Kriegsbeitrags ihre
Minderwertigkeitskomplexe losgeworden seien. Auch die ihm inzwischen liebgewordenen
romantischen deutschen Werte der Natürlichkeit und des hohen Kunstgenusses wurden
hier durch die geschminkten Mädchen, die Schlager- und Jazz-Musik, den
fehlenden Sinn für Gemütlichkeit und die Abneigung gegen tiefschürfende
Gespräche verletzt . Das nationalistische und plebeische Nachkriegs-Australien
konnte sich mit jenem reichen, eleganten und weltoffenen Vorkriegs-Australien, das
er aus seiner Jugend erinnerte, nicht messen. Das Geschäft des Vaters langweilte
ihn und er bekam schließlich die Erlaubnis, sich in Neuguinea umzusehen.
Während das östliche Papua schon lange
australische Kolonie gewesen war, waren Neuguinea und die großen Inseln
Neu-Pommern (später New Britain) und Neu-Mecklenburg (später New-Ireland) vor
dem Weltkrieg deutsche Kolonien gewesen aber im Versailler Vertrag Australien
als Mandatsgebiet übergeben worden. Die deutschen Pflanzer und Geschäftsleute
waren enteignet und repatriiert worden, obwohl es einige gab, die z. B. aus
Gründen der Heirat ausgenommen waren und andere, die sich noch oder wieder in
verarmtem Zustand dort herumtrieben. Als Ekkehard in Rabaul ankam, konnte er
ohne Schwierigkeiten im deutschen Klub Landsleute kennenlernen. Er half eine
Zeitlang einem deutschen Pflanzer auf seiner Plantage und erfuhr und billigte
dort zunächst die deutsch-koloniale paternalistische “strenge aber
gerechte” Handhabung der eingeborenen
Arbeiter. Gleich zu Anfang lernte Ekkehard auch einen norwegischen Australier
kennen, wie er bikulturell und somit als Freund vielversprechend, der einen
Partner suchte, um seine Plantage finanzieren und bearbeiten zu können. Sein
Vater erklärte sich einerseits zu einer Investition bereit, hoffte aber
andererseits durch Verzögerung das Projekt hintertreiben zu können, was ihm
auch gelang. In seiner Zeit in New Britain erfuhr Ekkehard viel über die
Pionierarbeit der Deutschen dort, die Ungerechtigkeiten, die ihnen bei
Kriegsende widerfahren waren und den elenden Zustand, in dem sich einst
blühende Plantagen, welche unerfahrenen jungen “returned soldiers” übergeben worden
waren, nun befanden. Im
Interesse seiner Freunde bemühte Ekkehard sich später um den eventuellen
Rückkauf dieser Kolonie und plante ihre Geschichte in einem Roman zu
verarbeiten.
Ekkehard mußte zunächst eine Lohnarbeit
annehmen, lernte dann einen deutschen Pionier und Menschenfreund kennen, der
ihm, wie schon vor ihm gelegentlich jungen Australiern, zeigte, wie man nach
Gold prospektiert und dann half eingeborene Arbeiter anzuwerben und zu
respektieren. Dieser Mann, der bald darauf von Eingeborenen ermordet wurde,
repräsentierte für Ekkehard den idealen Deutschen, australischer Prägung. Ekkehard
wurde von einem deutschen Syndikat, das eine geologische Expedition ins Innere
Neuguineas ausrüstete, als Verantwortlicher für den Proviant und die Träger angestellt.
In den sechs Monaten im Urwald mit seinen beiden oft schwierigen weißen
Kollegen, einem Deutschen und einem Russen, wuchsen ihm die Eingeborenen, aber
auch die Australier, immer mehr ans Herz. Als er nach Sydney zurückkam, fühlte
er sich dort vollkommen heimisch, kehrte aber, auf Anraten seines Arztes, 1931
nach Deutschland zurück. Ekkehard
schrieb drei romanartige Versionen seiner Neu Guinea Erlebnisse, alle auf
deutsch: eine realistische ‘australische’, eine humanistische und schließlich,
da er mit diesen kein Glück hatte, eine deutsch-romantische, die 1933 zur Veröffentlichung
kam. Im Auswärtigen Amt versuchte er Interesse für eine
ethnologische Expedition zu erwecken. In der Ethnologie ging es um
Gruppeneigenart ohne nationale Komplikationen. Leider war es dann in der Depressionszeit Leo Frobenius,
dem angesehenen Ethnologen, der Ekkehard schätzen gelernt hatte, nicht möglich,
ihn für eine seiner Expeditionen anzuheuern. Frobenius
versuchte trotzdem noch einige Jahre lang, nunmehr vom nationalsozialistischen
Deutschland aus, eine in Australien basierte Zusammenarbeit im Pazifik zu
organisieren.
Als Ekkehard 1931
nach Deutschland zurückkehrte, war er entsetzt über das vermutlich
Versailles-bedingte Elend, das die Depression und die politischen Wirren
verbreitet hatten, aber auch über den wachsenden Erfolg der Partei Hitlers. Er schloß sich Mitte 1932 der Schwarzen Front Bewegung Otto
Strassers an, die einen nationalen im Gegensatz zum internationalen Sozialismus
anstrebten und damals die rechte Opposition gegen Hitler sammelte. Sein
Mißtrauen gegenüber der Demokratie bestand noch immer und auch sein Glaube an
die Schlüsselrolle großer Männer in der Politik. Er sah darin den deutschen
Sonderweg. Als nunmehr Hitler, dieser “kleine Mann”, an die Macht kam und seine
Feinde abfertigte, mußte Ekkehard Deutschland verlassen. Im meltingpot der Nationen und der Heimat
des Kapitalismus, Kalifornien, versuchte
er unter anderem einen Roman auf deutsch und Filmszenarien auf englisch mit
Themen zu Deutschland oder zur Bikulturalität zu schreiben und zu verkaufen.
Letzteres haperte an der geschlossenen Front der jüdischen Filmindustrie, die
als Gegenschlag zu Hitlers rassistischen
Maßnahmen einen Boycott gegen Deutsche betrieb. Ekkehard mußte sich schließlich
1935 doch für das Geschäft seines Vaters entscheiden.
Durch Deutschlands Programm der
wirtschaftlichen Autarchie konnte Wolle jetzt nur noch im Tauschgeschäft gehandelt
werden. Diesen Teil des Geschäftes übernahm er nun und mit Hilfe des Vermögens
seines Vaters schuf und unterstützte er ein Netzwerk von deutschen und
australischen Importeuren und Exporteuren, die in diesen schwierigen Zeiten auf
vorbildhafte Weise zusammenarbeiteten. Damals half er auch einer Reihe von
jüdischen Menschen, die nach Australien emigrieren wollten. 1938 reiste die
Familie mit zwei kleinen Kindern noch einmal nach Deutschland um Familie und
Freunde zu besuchen; sie mußte dann infolge der tschechoslowakischen Krise Hals
über Kopf abreisen.1939 lernte Ekkehard den australischen Schriftsteller Xavier
Herbert kennen, der in ihm Interesse für die australische Eigenart und
australische Probleme weckte. Dann begann der Zweite Weltkrieg, in dem er von
1940-44 als Deutscher interniert wurde. Das hatte den Vorteil, daß er nicht
gegen seine Freunde auf der einen oder anderen Seite kämpfen mußte (die Eltern
und vier Brüder seiner Frau fielen auf deutscher Seite diesem Krieg zum Opfer).
Er versuchte nun dazu beizutragen, unter den Gefangenen aus vielen Ländern eine
würdige Gemeinschaft zu schaffen, befreundete sich aber vor allem mit
deutsch-Australiern und lernte das australische Wachpersonal schätzen. Nach dem
Krieg half Ekkehard Deutschen in Sydney durch karitative Vereine. Seine Kinder
wurden, wie einst er selbst, zweisprachig erzogen. Als Australien in den
siebziger Jahren eine multikulturelle Politik einführte, konnte Nationalität
endlich als kulturelle und ethnische Eigenart, die in keinem Konfliktverhältnis
zu politischer Loyalität stand, erfahren werden.[8]
Was läßt sich aus einem solchen Lebenslauf,
der zugegebenermaßen ein ungewöhnlicher ist, über Nationalismus während der
ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts in Erfahrung bringen? Erstens, daß
er für den Einzelnen, und vielleicht ganz besonders den Auslandsdeutschen, der
Tendenz nach ein andauerndes praktisches, intellektuelles und psychologisches
Problem darstellte, das mit normalen Instinkten in Konflikt geriet. Zweitens, daß Nationalität auch für den
Einzelnen eben ganz Verschiedenes bedeuten konnte: Heimat, Sprache, Staatsangehörigkeit,
Familienzugehörigkeit, eine Kulturtradition, ein Ethos, eine politische
Einstellung, Treue zu Freunden, physische Merkmale, Mannschaftsstolz, eine
priviligierte oder mißachtete Stellung im internationalen Verein und
dergleichen mehr, alles Dinge, die so gut wie nichts miteinander zu tun haben
brauchen und deren Vermengung und Verwechselung zu gefährlichen Verschwommenheiten
führen muß. Drittens, geht aus Ekkehards Briefen
hervor, daß sich der Einzelne aus dem Kunterbunt von nationalen Eigenschaften
wohl häufig seine eigene nationale Doktrin erfand, die ihn persönlich
befriedigen mochte, die aber mit der seiner Mitbürger wenig gemeinsam zu haben
brauchte.[9]
Weiterhin illustriert Ekkehards Lebenslauf den Zwang zur nationalen
Selbstdefinition, der in der Zwischenkriegszeit herrschte und dem auch
bikulturelle Kosmopoliten nicht entrinnen konnten.[10]
Darüberhinaus brachte der Nationalismus eine Kultur der ständigen Konfrontation
mit sich. In der Praxis bot er nach dem Ersten Weltkrieg, wie sich hier zeigt, auch
den Siegermächten die Gelegenheit, in einer Epoche der beginnenden
Diskreditierung traditioneller Privilegien, so des kolonialen Privilegs der
weißen Haut und des kapitalistischen Privilegs des Reichtums, ein neues
Privilegium der Nationalität unter dem Deckmantel der moralischen Überlegenheit
des Siegers einzuführen. Privilegien
aber rufen immer wieder Gegenprivilegien hervor: in diesem Fall war es das der angeblichen
Rasse, und das lang verletzte Gerechtigkeitsgefühl und Selbstbewußtsein vieler
Einzelner kann solchen Erfindungen dann eine gefährliche Wucht verleihen.
[1] E.J. Hobsbawm Nations and Nationalism. Programme, Myth,
Reality, Cambridge University Press: Cambridge, 1990.
[2] ibid., S.11.
[3] Hierzu Hobsbawm: “Attempts to establish objective criteria for
nationhood, or to explain why certain groups have become ‘nations’ and others
not, have often been made, based on a single criteria such as language or
ethnicity or a combination of criteria such as language, common territory,
common history, cultural traits or whatever else.” Hobsbawm zitiert hierzu Stalin: “A nation is
a historically evolved, stable community of language, territory, economic life
and psychological make-up manifested in a community of culture.” ibid. S.5.
[4] Richard White Inventing
Australia. Images and Identity 1688-1980, Allen & Unwin: Sydney, 1981,
hat die Stadien der “Erfindung” einer australischen Identität analysiert.
[5] Hobsbawm nennt Hitler “a logical Wilsonian nationalist”. A.a.O.,
S.133.
[6] “Ínter-war Europe also happened to see the triumph of that other
aspect of the ‘bourgeois’ nation ... the nation as a ‘national economy’. Though
most economists, businessmen and western governments dreamed of a return to the
world economy of 1913, this proved to be impossible. Indeed, even had it been,
there could have been no return to the economy of freely competitive private
enterprise and free trade which was the ideal, and even part of the reality of
the world economy in the heyday of British global supremacy.” Ibid, S.131.
[7] Es ist interessant, daß der Versuch für die Nation eine uralte und
ehrwürdige Vergangenheit zu kreieren, den Benedict Anderson in Imagined Communities. Reflections on the
Origin and Spread of Nationalism, Verso: London & New York, 1991, als
typisch für nationales Denken hervorhebt, für Ekkehard, der sich vor allem als
Botschafter Deutschlands im Ausland sah, von keiner Wichtigkeit war.
[8] Zum australischen Multikulturalismus siehe besonders die Beiträge
von Chandran Kukathas in Multicultural
Citizens. The Philosophy and Politics of Identity, Hsg. C. Kukathas, CIS
Readings 9, Multicultural Reasearch Program, 1993, S.18-30 & 145-157.
[9] Liah Greenfelds Versuch in ihrer Studie Nationalism. Five Roads to Modernity Harvard University Press: Cambridge, Massachusetts / London, England, 1992,
die ihrer Ansicht nach schon früh auf Abwege geratene deutsche
Kulturentwicklung als monolithisch zu schildern und dabei die Faust-Nietzsche
Tradition z.B. beiseitezulassen, führt zu völlig anderen Schlußfolgerungen als
denen, mit deren Hilfe Ekkehard das deutsche Wesen charakterisierte. Man wird
aus dem Kulturgut aller Völker sehr verschiedene Strähnen herauslösen können.
[10] Hobsbawm erwähnt die Ansicht Karl Renners und der Austro-Marxisten,
daß nationale Anhängerschaft wie religiöse Konfession im Belieben des Einzelnen
stünde. Das traf für Ekkehard nicht zu. A.a.O., S.7.
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